GDI: Sieben Thesen zum Restaurant der Zukunft

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(Symbolbild)

Der Leiter des Gottlieb-Duttweiler-Instituts (GDI), David Bosshard, gibt einen Ausblick auf die wichtigsten Trends im Ausser-Haus-Markt der Zukunft. Die Studie wurde 2016 im Auftrag der Internorga erstellt.

These 1: Die Digitalisierung schafft komplett neue Wettbewerbsverhältnisse.

 

Die fortschreitende Digitalisierung revolutioniert den Außer-Haus-Markt: Die Grenzen zwischen Retail und Gastronomie sowie zwischen On- und Offline verschwimmen. Klassische Industriestrukturen verlieren an Bedeutung. Gastronomen bekommen vermehrt Konkurrenz aus dem Tech-Sektor: Reservierungs-, Bestell- und Bezahlsysteme, neue Nahrungsmittel (Käse-, Fleisch- oder Eiersubstitute aus Pflanzen) oder On-Demand-Lieferdienste lokaler Bauernhöfe zählen zu den Innovationen durch branchenferne Unternehmen. Über welchen Vertriebskanal der Kunde der Zukunft bedient wird, ist unwichtig. Für ihn zählt nur, das richtige Angebot zur richtigen Zeit verfügbar zu haben. Der Gastronom von morgen muss daher auf allen Kanälen medial präsent sein.

 

These 2: Convenience – wir werden immer bequemer, nicht unbedingt glücklicher.

 

Unser Alltag ist geprägt von Mobilität, Flexibilität und Tempo. Die Qualitäts-Ansprüche der Konsumenten und die Bedeutung von Convenience-Food steigen – die Weiterentwicklung zum Komfort-Essen prägt die Zukunft. Dabei gilt es zwei Herausforderungen zu meisten. Zum einen möchten Verbraucher Transparenz bei Herkunft, Produktionsbedingungen, Nähr- und Zusatzstoffen von Convenience. Zum anderen befriedigt Convenience nicht die Sehnsucht nach frischem, natürlichem, lokalem, biologischem Essen. Die Gastronomie steht vor der Herausforderung, die fehlende Verbindung zwischen Convenience und nachhaltigen Erlebnissen durch neue Konzepte zu schließen und sich gegenüber Retail, Take-Away oder Automaten zu behaupten.

 

These 3: Homing statt Cocooning – der Kampf um die letzte Meile nimmt zu.

 

Angesichts der steigenden Mobilität gewinnt das Essen zu Hause wieder an Bedeutung. Konsumenten nutzen hierfür neu entstehende Lieferdienste und Technologien. Je reichhaltiger, einfacher und verfügbarer die Bestellmöglichkeiten sind, desto eher wird darauf zurückgegriffen. Delivery-Food-Dienste feuern diese Entwicklung zusätzlich an: Sie liefern Rezepte, Zutaten oder gar Köche, die das Essen beim Kunden zuhause zubereitet. Traditionelle Food-Formate haben zukünftig die Aufgabe, sich vor diesem Hintergrund neu zu positionieren und den Restaurantbesuch wieder schmackhaft zu machen.

 

These 4: Social Food schlägt Geschmack – Menschen sind wichtiger.

 

Street Food Festival statt Konzert – Essen wird immer mehr zum Lifestyle und wird zugleich Identifikationsmittel, Statussymbol und Ausdrucksmedium. Das angenehme Ambiente in den Restaurants gewinnt dadurch an Bedeutung und bietet der Gastronomie gute Chancen sich gegen den Trend Homing zu stellen. Restaurants können sich als Ort der Inspiration und des Wissens etablieren, als Erholungsplatz für Körper und Geist, als Ort des geselligen Zusammenseins und des Lifestyles, als Ort des Abenteuers, der Neugier und als sozialer Lebensmittelpunkt.

 

These 5: Migration Food – Essen ist identitätsbildend.

 

Durch Migration entsteht zukünftig eine große Nachfrage nach kulturspezifischen Angeboten. Essen aus Persien, Afghanistan und einigen Ländern Afrikas, wie beispielsweise Ghana, beeinflusst das gastronomische Angebot von morgen. Wichtig ist dabei eine kulturspezifische Kundenansprache. Globale Marketing-Botschaften erreichen die Angehörigen einer Minderheit nur noch bedingt. Diese Entwicklung bietet besonders der Individualgastronomie neue Möglichkeiten für die Gäste-Gewinnung und zeigt sich vor allem im Zuwachs von familiär geprägten Restaurants. Aber auch große Ketten setzen auf kulturspezifische Angebote.

 

These 6: Polarized Eating – im Spannungsfeld von High-Tech und Bio-Romantik.

 

Konsumenten haben zwei sich widersprechende Bedürfnisse: Sie verlangen nach den Bequemlichkeiten der High-Tech-Food-Industrie, also nach einer großen Auswahl an innovativen, persönlich gestalteten und schnell erreichbaren Produkten. Gleichzeitig sehnen sich Verbraucher nach einer romantischen Welt der Bio-Produkte. Das Restaurant der Zukunft verbindet High-Tech mit Bio-Romantik: High-Tech unterstützt im Hintergrund die Bedürfnisse nach Romantik, nach Überblick und Geschichten, nach Transparenz und Nachhaltigkeit. Online ergänzt sich mit offline. Das Essen der Zukunft ist schnell wie Fast-Food und hochwertig wie Bio.

 

These 7: Markenbotschafter statt anonyme Brands – die Zukunft gehört dem personalisierten Marketing.

 

Menschen schlagen Marken: Die Bedeutung einer Mahlzeit oder eines Produkts entscheidet sich im Austausch mit den Gästen und Konsumenten, nicht in der Werbung der Anbieter. Die Gesichter und Geschichten der Food-Produzenten gewinnen an Bedeutung und übernehmen vermehrt die Aufgabe eines Labels. Sie stellen eine Einheit mit ihren Produkten dar und bürgen persönlich für ihre Qualität. Diese Personifizierung weckt bei den Konsumenten zunehmend Vertrauen. Für das Restaurant der Zukunft sind Mitarbeiter, Servicepersonal, Koch und Besitzer entscheidend. Ihre persönliche Kompetenz in Bezug auf die Produkte, ihre Herstellung und Weiterverarbeitung ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg. Mehr...